Bedeutung des Migrationsprozesses
- Migration geht einher mit der Notwendigkeit einer Neukonstruktion seelischer Wirklichkeit und einer Umgestaltung der Identität
- Migration bedeutet daher immer Trauma und Kriese (Grinberg), der Krisenverlauf folgt einer Gesetzmäßigkeit (Sluzki)
Ob freiwillige Migration oder Migration die aufgrund von Fluchtgründen stattfindet, sie bedeutet immer eine Belastung. Die Vorbereitung auf die Ausreise ist mit positiven Gefühlen verbunden. Der Migrationsprozess selber läuft dann unter wesentlich härteren Bedingungen ab, so dass die Belastung und die Sorgen zunehmen und das Hochgefühl abnimmt.
Nach der Ankunft
Nach der Ankunft kommt es zu einer Überkompensation in der das Aufnahmeland glorifiziert und fast schon zu positiv angesehen wird. Nach einem relativ kurzen Hochgefühl, kommt es dann zu einer von den Umständen abhängigen Dekompensation. In dieser Phase wird versucht eine neue Identität aus den Resten der alten zu konstruieren. Es wird versucht so viel wie möglich aus der alten Heimat mit in das neue Leben zu nehmen. Rückkehrüberlegungen häufen sich.
Suchtverhalten kann diese Phase „konservieren“, es entsteht der typische Suchtkreislauf. Parallelgesellschaften bieten Halt in dieser Phase. Diese Phase kann sich zu einer Dauerkrise entwickeln. Jede Phase bietet Möglichkeiten zu Intervention. Deshalb ist es wichtig, dass die Menschen im Migrationsprozess durch Fachkräfte und Ehrenamtliche gestärkt und unterstützt werden.
Wie in der Grafik zu sehen ist, erscheint auch die erste Zeit am Zielort unproblematisch zu sein. Der Tiefpunkt kommt, wenn der Alltag Einzug hält. Wenn die Zeit da ist um die Verluste zu trauern, der Kopf frei von Ablenkungen ist. Dann ist die Phase in der die Symptome des Traumas verstärkt aufkommen. Sei es Schlaflosigkeit, weil man am Abend grübelt und um die Verluste trauert oder Konzentrationsschwächen, weil die Sorgen und Ängste die kognitiven Fähigkeiten so sehr belasten, dass keine neuen Informationen aufgenommen und verarbeitet werden können.
Risiko und Chance
Das ist in der Regel nur der Anfang einer Spirale, die zur Selbstmedikation durch Suchtmittel führen kann. Dies ist der Punkt, an dem die Menschen sich nach etwas Gewohntem und Bekanntem sehnen. Sie suchen Stabilität und Sicherheit, die sie benötigen um Selbstheilungskräfte wirken lassen zu können. Akteure fanatischer Ideologien nutzen diesen Moment für sich aus und ziehen Menschen in dieser Phase in ihre Reihen. Fachkräfte, Berater und die Politik sollten sich dessen bewusst sein und handeln. Trauma-Therapeuten und Berater werden benötigt, Fachkräfte sollten ebenso wie Ehrenamtliche zu dem Thema fortgebildet werden. Sonst fallen viele der Betroffenen eventuell durch ein Raster auf einen Nährboden von Abhängigkeit, Gewalt und Fanatismus.
In der Risiko des Traumas und seinen Folgen, liegt auch gleichzeitig eine Chance. Die Chance sich und seine Identität neu zu definieren, Resilienz aufzubauen und neue Lösungswege für komplexe Problemlagen zu entwickeln. Das Erlebnis die Selbstheilungskräfte wirken zu lassen und selbstwirksam „Herr der Lage“ zu werden. Ganz nach dem Motto „was uns nicht umbringt, macht uns nur stärker“…
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